Stress am Arbeitsplatz: Immer mehr Beschäftigte klagen über Stress im Job
Geschrieben von mevaleo am %d.%m.%Y um %H:%i Uhr
Viele Menschen erleben die Arbeitsverdichtung und die Beschleunigung vieler Abläufe nicht nur als Kunde, sondern auch als Arbeitnehmer. Da ist es dann mehr als ein kurzes Ärgernis, wenn der Kunde beispielsweise im Discounter nicht einmal seine Waren richtig zusammenpacken kann, weil schon der nächste Kunde bedient werden muss. Für die Beschäftigten im Einzelhandel bedeutet die Arbeitsverdichtung aber kaum noch ein freundliches Wort von den Kunden, eine freundliche Begrüßung oder Verabschiedung - von einem persönlichen Gespräch ganz zu schweigen. Wie wirken sich also Stress und zunehmende Belastung am Arbeitsplatz denn aus? Es ist hoch interessant, sich diesem Phänomen einmal von der Sicht der Arbeitnehmervertretungen und aus Sicht der Krankschreibungen zu nähern.
Verschiedene Stressfaktoren identifizieren
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat das Phänomen Stress am Arbeitsplatz bereits in einer Studie im Jahr 2011 näher analysiert. Dabei wurde das doch sehr umfangreiche Phänomen Stress in einzelne Belastungskategorien unterteilt. Wenn man also als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber die einzelnen Kategorien betrachtet, dann erkennt man viele Stellschrauben für eine Stressverminderung oder -reduzierung. Der "Index gute Arbeit" des DGB nennt Arbeitshetze bzw. Arbeitsgeschwindigkeit als den bedeutendsten Stressfaktor. Mehr als die Hälfte aller Befragten nennt dieses Problem als Stressfaktor. Übrigens ist diese Wahrnehmung zu hoher Arbeitsgeschwindigkeit nicht nur eine Problematik der höheren Altersklassen! Bereits bei den unter 26-jährigen (die also noch den überwiegenden Teil des Arbeitslebens vor sich haben) nennen 47 % diesen Stressfaktor, unter dem sie sehr häufig oder oft leiden würden. Eine weitere Problematik ist die Arbeitsverdichtung: Immer weniger Arbeitnehmer müssen in der gleichen Zeit mehr Aufgaben bewältigen oder Produktionsschritte häufiger durchführen. Dieses oftmals mit einer "Produktivitätssteigerung" angedeutete Phänomen scheint also in der Leistungsfähigkeit seine Grenzen zu finden. Dabei fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen, bei Erziehung und Unterricht sowie im Finanzdienstleistungsgewerbe am meisten gehetzt.
Diese im März 2012 vorgestellten Entwicklungen und Zahlen erlauben sicherlich einen guten Einblick in die Situation in den deutschen Unternehmen. Allerdings ist diese Sichtweise auch immer eine Frage der Betrachtung bzw. des Standpunktes des Einzelnen. Deshalb kann man sich - zur weiteren Abrundung des Bildes und zur Objektivierung - auch an den tatsächlichen Folgen orientieren. Die Frage lautet deshalb: Wir wirkt sich die Arbeitsumgebung bzw. der Stress am Arbeitsplatz denn nun tatsächlich auf die Krankheiten der Mitarbeiter bzw. die Krankheitstage aus?
Die Betriebskrankenkassen haben die häufigsten Krankheitsursachen erfasst
Mit 213 Krankheitstagen pro 100 Beschäftigten sind die psychisch bedingten Krankheiten inzwischen eine sehr bedeutende Krankheitsursache geworden (Quelle). Beinahe jeder 6. Krankheitstag - und damit auch Produktivitätsausfall - ist inzwischen direkt auf psychische Krankheiten zurückzuführen. Obwohl es hier eine gewisse Unschärfe in der Diagnose gibt zeigt sich auch bei den anderen Krankenkassen ein ähnlicher Befund: Die Krankheitstage aufgrund psychischer Belastungen nehmen stetig zu. Diese Zahlen können allerdings nicht vollständig sein, da beispielsweise ein Kreislaufzusammenbruch aufgrund einer beruflichen Überlastung eine eigenständige Diagnose ist und nicht immer zweifelsfrei den Arbeitsbedingungen zugeordnet werden kann. Mit einem dreifachen Wert als bei den Krankheitstagen für Infektionen kann die Bedeutung der psychischen Krankheiten gar nicht unterschätzt werden. Sehr häufig ist in der Presse von einer Impfstrategie zu lesen, es gibt eine Ständige Impfkommission. Eine derart offensive Krankheitsprävention ist aber im Bereich des Stresses am Arbeitsplatz im Moment nicht denkbar. Vielleicht sind ja dieser Artikel und unser Internet-Angebot ein weiterer, wichtiger Schritt bei der Ursachenforschung und der Vermeidung dieses Krankheitsbildes.
Wenn Arbeit nicht mehr krank machen soll
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten die Schritte zur Stressreduzierung am besten gemeinsam gehen. Respekt und die Akzeptanz wohl verdienter Freiräume kann schon erheblich zu einer Stressreduktion beitragen. So gehen die ersten erfolgreichen Unternehmen dazu über, Mitarbeiter außerhalb der Arbeitszeit nur noch im absoluten Notfall zu kontaktieren. Und die regelmäßige, abendliche Frage nach dem Arbeitsfortschritt oder die ständige Erreichbarkeit einzuschränken. Durch die wieder vollständige Trennung von Arbeit und Freizeit soll es wieder möglich werden, dass die Menschen sich regenerieren können.